Die aktuelle politische und gesellschaftliche Situation

in der Corona-Krise stellt die Kirche vor eine entscheidende Frage:

Werden wir gebraucht? Wozu dienen wir? Sind wir verzichtbar?

 

Klar ist, dass all die Unternehmen und Institutionen als „systemrelevant“ eingestuft werden, die zur Aufrechterhaltung des täglichen Lebens notwendig sind: Die Versorgung mit Lebensmitteln, die medizinische Versorgung, Brief- und Paketdienste, Polizei und einiges mehr.

 

Aber braucht das Zusammenleben der Menschen

nicht noch etwas anderes?

 

In der Klinikseelsorge habe ich erlebt, wie Sterbenskranke nach einem berührenden Gespräch oder Ritual erfüllt waren und bereit zu gehen. Sie wollten nicht mehr medizinisch versorgt werden.

Oder kennt Ihr die Szene in Tribute von Panem, in der Katniss die sterbende Rue in den Tod singt und den Leichnam dann in Wildblumen bettet, trotz Lebensgefahr? Wir Menschen brauchen das.

Manchmal mehr als Medizin und Klopapier.

 

Würde, die sich ausdrückt in Symbolen und Ritualen.

Bedeutung, die das Leben überspannt.

Hoffnung, die größer ist als Angst.

 

Ein Psalmbeter fragte Gott vor zweieinhalb Jahrtausenden:

„Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst?“ (Ps 8,5)

 

Die Gedanken des Beters kreisen um diese Frage.

Der Mensch ist einer, dem Würde zuteilwird, wie Gott selbst.

Er ist eingebunden in den Kreislauf der Natur und doch übernimmt er darin eine besondere Verantwortung.

Und wie dieser Beter suchen viele Menschen nach etwas,

das den Kreislauf der Natur übersteigt.

 

Daraus entsteht Kultur: Gestaltung der Welt.

Und darin Religion: Gestaltung der Welt als Geschenk Gottes.

 

Ob im Privaten, digital oder analog:

Lasst uns Welt gestalten. Auch jetzt.

Ich finde das systemrelevant.

 

Esther Joas

​Pastorin in der Wilhadi Gemeinde und in der Überseekirche